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AutorenbildAntje Bek

Gegen den Strom denken - Die Lebenskräfte stärken

Eine kleine Übungsreihe für Erwachsene, Jugendliche und Kinder zum Thema: Stress und Selbstbestimmung - Teil 5




Wie bereits bei der zuletzt behandelten Übung [1] beschrieben, hängt Vergesslichkeit mit einer Schwäche unserer Lebenskräfte, genauer mit einer Schwächung unseres Lebensleibes zusammen. Diesen Lebensleib können wir als das Energiefeld bezeichnen, das unseren Körper belebt und durch das sich der lebendige Körper vom Leichnam unterscheidet.


Immer dann, wenn wir uns innerlich ganz mit dem verbinden (können), das wir tun, stärken wir unsere Lebenskräfte, dann nähren wir unser Energiefeld. Das heutige Leben, mit all seinen Möglichkeiten zur Ab-Lenkung (von unserem Ich), ist jedoch im Grunde so gestaltet, dass es unser Energiefeld nicht stärkt, sondern schwächt. Dadurch entstehen all die Zeiterscheinungen, die wir als Nervosität, Stress, Vergesslichkeit, depressive Verstimmungen etc. kennen. Sie nehmen tendenziell immer weiter zu, leider auch bei Kindern. Wir können zunächst einmal an den äußeren Gegebenheiten, an unserer auch kulturell bedingten Lebensweise nichts ändern. Aber wir haben immer die Möglichkeit zu dem, was uns in dieser Weise schwächt, ein Gegengewicht zu schaffen. Die von Rudolf Steiner gegebenen kleinen Übungen[2] sind dazu wunderbar geeignet. Wir können sie teilweise schlicht in unser normales Alltagsleben einbauen – wie etwa uns ein genaues Bild von dem Ort zu machen, an den wir den Schlüssel legen. Durch die Schaffung eines inneren Bildes verbinden wir uns über unser Gefühl mit unserer Tat. An dieses Bild können wir uns wieder erinnern, wenn wir den Schlüssel benötigen.


Nun gibt Rudolf Steiner eine weitere Übung, die der Vergesslichkeit und damit der Schwächung unseres Lebensleibes entgegenwirkt, die jedoch aus dem Alltag herausgesonderte Momente benötigt. Diese Übung wirkt nicht (nur) über Bilder, sondern über die Art und Weise, wie wir unsere Gedanken führen. Rudolf Steiner hat diese Übung immer wieder – an verschiedenen Stellen in seinem Vortragswerk – angeführt und sie übrigens auch für Kinder vorgeschlagen, die ein schlechtes Gedächtnis haben.


Wie erinnern wir uns gewöhnlich, wenn wir etwa einem anderen Menschen von einem Erlebnis berichten wollen? Wir fangen mit dem an, was zu Beginn des Erlebnisses stand und folgen dem Lauf der Zeit, in der es ein „Vorher“ und ein „Nachher“ gibt. Das bedeutet, dass unser Erleben die Reihenfolge unserer Gedanken bestimmt. Wir folgen mit unseren Gedanken dem Zeitenstrom, wie wir ihn im Irdischen erleben. In der Nacht und auch im nachtodlichen Leben, „erinnern“ wir uns jedoch anders. Wir beginnen mit dem Ende des Tages bzw. des Lebens und rollen das ganze Zeitgeschehen rückwärts auf, wir blicken „rückwärts“ auf unsere Taten zurück. Da leben wir in einem anderen Zeitenstrom, unabhängig von den irdischen Zeitverhältnissen, unabhängig von unserem Gehirn. So, wie wir ganz gewohnheitsmäßig, quasi „automatisch“ schreiben, Dinge weglegen etc., können wir auch wie „automatisch“ denken, Rudolf Steiner nennt diese Art des Denkens auch das gehirngebundene Denken. Wenn wir unser Denken von diesem gewohnten, gehirn-gebundenen Denken losreißen wollen, dann können wir das mit einer Übung, bei der wir rückwärts vorstellen, tun. Das ist wie Muskeltraining für unser Denken, denn wir werden bemerken, wie wir uns nun anstrengen müssen, um die angemessenen Vorstellungen zu bilden. Diese Anstrengung ist das Training, das dann gleichzeitig unser Energiefeld, unseren Lebensleib und damit auch das Gedächtnis stärkt. Es folgen nun einige Beispiele, wie man diese Übung machen kann:


  • Den eigenen Namen vorwärts und dann rückwärts sprechen – das machen übrigens auch Kinder sehr gerne.

  • Eine Zahlenreihe, beginnend mit wenigen Zahlen, einmal vorwärts und dann rückwärts aufsagen.

  • Sätze vorwärts sprechen und dann rückwärts, z.B. „Ich gehe schnell voran.“ – „Voran – schnell – gehe – ich.“ Zur Unterstützung, wenn man etwa diese Übung mit Kindern macht, kann man auch noch Schritte dazu nehmen. Beim Vorwärtssprechen geht man vorwärts, beim Rückwärtssprechen rückwärts.

  • Ein Gedicht rückwärts sprechen, zunächst vielleicht nur zeilenweise.

  • Man stellt sich vor, wie man eine Treppe hinunterging. Dann dasselbe so, als ob man einen Film rückwärts abspielt. (Man „geht“ dann etwa mit dem Gesicht nach unten, den Rücken nach oben gewandt, die Treppe rückwärts hoch.)

  • Rudolf Steiner schlägt vor, ganze Dramen rückwärts vorzustellen.

  • Dafür kann man auch das eigene „Lebensdrama“ nehmen, etwa den Tag, den man gerade hinter sich gebracht hat. Man schaut also auf seinen Tag am Abend zurück, indem man den „Film“ rückwärts ablaufen lässt. Wichtig ist dabei, dass man möglichst nicht an Situationen gedanklich hängen bleibt, die vielleicht aufregend waren, sondern so wie von außen auf sich selbst schaut, als ob man die Situation als Unbeteiligter anschaut. Das benötigt etwas Übung, aber man bereitet in gewisser Weise die Nacht schon vor. Vielleicht kann man sogar bemerken, dass man nach dieser Übung besser (ein)schläft und so direkt die entstressende Wirkung erleben. Daher: Eventuell nicht erst im Bett machen.

  • Jeder kann noch weitere Varianten für sich oder die Kinder entwickeln.


Wie bei allen bisher behandelten Übungen geht es nicht ohne den eigenen Willen. Und mit „Wille“ ist jetzt nicht das gemeint, was ich mir vorstelle oder vornehme zu tun und auch nicht die Kraft, mit der ich diese Absicht innerlich verfolge, sondern das, was ich tatsächlich tue. Ohne eigene Aktivität lässt sich keine der Übungen durchführen – das ist ihre eigentliche Herausforderung, aber auch Chance. Je öfter es gelingt, eine davon zu machen, umso selbstbestimmter kann man sich selbst erfahren.

 

[1] Antje Bek, Vom seelischen Zappelfritzen - Wo ist nur mein Schlüssel? https://www.antje-bek.de/post/vom-seelischen-zappelfritzen-wo-ist-nur-mein-schl%C3%BCssel

[2] Rudolf Steiner, Erfahrungen des Übersinnlichen Die drei Wege der Seele zu Christus, Vierzehn Vorträge, gehalten zwischen Januar und Dezember 1912 in verschiedenen Städten, GA 143, Vortrag vom 11. Januar 1912







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